Vielfalt gezielt gestalten, Barrieren abbauen – essentiell für moderne Verwaltungen
Unsere Gesellschaft ist immer mehr von einer Vielfältigkeit unterschiedlicher Menschen, Lebensformen und Arbeitsweisen geprägt. Weiterhin bestehen für verschiedene gesellschaftliche Gruppen aber auch ungleiche Chancen sowie Barrieren in zentralen Lebensbereichen unserer Gesellschaft. Verwaltungen haben als Arbeitgeberinnen, Dienstleisterinnen, Kooperationspartnerinnen sowie Ausführungsorgan von Rechtsvorschriften den Auftrag und das Interesse, aktiv zu einem Mehr an Chancengleichheit für alle Bürger*innen beizutragen und bestehende Zugangsbarrieren abzubauen. Mit einem vielfaltskompetenten Handeln kann für Verwaltungen zugleich eine Reihe von konkreten Vorteilen verbunden sein:
(In Anlehnung an die Handreichung „Vielfalt, Chancengleichheit und Inklusion. Diversity Management in öffentlichen Verwaltungen und Einrichtungen“ der Charta der Vielfalt e. V.2)
Viele Verwaltungen sind schon länger aktiv in der Gestaltung und Nutzung gesellschaftlicher Vielfalt nach innen (zum Beispiel in der Personalarbeit) und außen (zum Beispiel bei Dienstleistungen, Angeboten, Kooperationen). Sie wertschätzen, anerkennen und fördern Vielfalt gezielt. Dabei beziehen sie vielfältige Kompetenzen, Qualifikationen und Erfahrungen von Menschen / Beschäftigten in einem potenzialorientierten Ansatz mit ein. Unterschiedliche Lebenskonzepte, Lebens- und Arbeitssituationen werden im Rahmen der strukturellen Möglichkeiten berücksichtigt, ggf. noch bestehende Barrieren, Vorurteile und Diskriminierungen werden abgebaut. Vielfaltskompetenz wird angesichts gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und rechtlicher Veränderungen immer mehr zu einem Qualitätsmerkmal einer zukunftsfähigen und modernen Verwaltung.
Vielfalt (Diversity)
Das Verständnis von „Vielfalt“ bezieht sich auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Menschen bzw. Beschäftigten hinsichtlich ihrer Lebensstile, Arbeitsformen und unterschiedlichen sichtbaren und unsichtbaren Identitätsmerkmalen bzw. Dimensionen. Die geschützten Dimensionen von Vielfalt sind Lebensalter, Geschlecht / Geschlechtsidentität, sexuelle Orientierung / Identität, Behinderung (physische und / oder psychische Fähigkeiten), ethnische Herkunft / Hautfarbe, Religion und Weltanschauung. Zur Vielfalt in der Verwaltung gehören insbesondere auch soziale Herkunft / Lage, Qualifikation, unterschiedliche Beschäftigungsverhältnisse (zum Beispiel Teilzeit / Vollzeit und befristet / unbefristet) bzw. Positionen und Hierarchieebenen, in denen die Beschäftigten tätig sind, Dauer der Zugehörigkeit, individuelle Arbeits- und Lebenssituationen (zum Beispiel familiärer Status / Familiensituation: Kinder, alleinerziehend, zu pflegende Angehörige) sowie Aussehen und Lebensformen / -entwürfe. Jede*r Mensch bzw. Beschäftigte zeichnet sich demnach durch eine einzigartige Kombination verschiedener Dimensionen aus.
Vielfalt und ein grundsätzliches Diskriminierungsverbot sind als Ziele und Werteorientierungen für unsere Gesellschaft und für Verwaltungen auch in vielen gesetzlichen Regelungen verankert. Zu nennen sind hier u.a. das Grundgesetz (GG), das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), die Personalvertretungsgesetze des Bundes und der Länder sowie verschiedene Gesetze der Länder in Bezug auf einzelne Vielfaltsdimensionen (zum Beispiel Gleichstellung von Frauen und Männern, Partizipation und Integration) oder zu Antidiskriminierung.
Vielfaltskompetenz
Vielfaltskompetenz ist die Fähigkeit, in einer von vielfältigen Menschen bzw. Beschäftigten mit unterschiedlichen Lebens- und Arbeitssituationen geprägten Umgebung angemessen und erfolgreich handeln und kommunizieren zu können.
Vielfältige Kompetenzen, Qualifikationen und Erfahrungen von Menschen / Beschäftigten werden in einem potenzial-orientierten Ansatz einbezogen. Unterschiedliche Lebenskonzepte, Lebens- und Arbeitssituationen werden im Rahmen der strukturellen Möglichkeiten berücksichtigt. Zu einer Vielfaltskompetenz gehören Haltungen, soziale Fähigkeiten und Wissen:
Der INQA-Check „Vielfaltskompetente Verwaltung“
Dieser INQA-Check hilft Ihnen, zu überprüfen, ob und wie Sie die unterschiedlichen Kompetenzen, Qualifikationen und Erfahrungen Ihrer Beschäftigten in internen Prozessen einbeziehen und jeweilige Lebens- und Arbeitssituationen der Beschäftigten sowie unterschiedliche Bedarfe und Lebenslagen von Bürger*innen im Handeln nach innen und außen berücksichtigen. Als Bestandteil der Gesamtstrategie, der Personalarbeit, der Arbeitsorganisation, der Dienstleistungen / Angebote / Kooperationen sowie der Führung und Verwaltungskultur kann Vielfalt so ein Thema werden, das in Alltagsentscheidungen und -handlungen von allen Beteiligten berücksichtigt sowie in zentralen Prozessen und Strukturen der Verwaltung verankert wird.
Für wen ist der Check gedacht?
Mit dem Check können Führungskräfte, Personalverantwortliche, Personalrät*innen, Vielfaltsbeauftragte (zum Beispiel Gleichstellungs-, Behinderten-, Integrationsbeauftragte und Beauftragte für LSBTIQ – Lesben, Schwule, Bisexuelle sowie trans-, intergeschlechtliche und queere Menschen) und Beschäftigte von Verwaltungen systematisch ihre Prozesse und Strukturen überprüfen und Handlungsideen für vielfaltskompetente Maßnahmen entwickeln.
Wer hat den Check entwickelt?
Der INQA-Check „Vielfaltskompetente Verwaltung“ wurde von der „Offensive Mittelstand – Gut für Deutschland“ (OM), einem eigenständigen nationalen Netzwerk unter dem Dach der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA), entwickelt und herausgegeben. Für alle bereits bestehenden INQA-Themensäulenchecks wurden dabei im Dialog mit Verwaltungsvertreter*innen und Verwaltungsexpert*innen entsprechende Verwaltungsversionen der Checks verfasst.
Die Konzept- und Texterstellung sowie die Moderation des Abstimmungsprozesses erfolgte durch Andreas Merx (idm – Internationale Gesellschaft für Diversity Management e. V.) in enger Kooperation mit der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) und der Stiftung „Mittelstand – Gesellschaft – Verantwortung“. Der Check für Verwaltungen wurde in Anlehnung an den INQA-Check „Vielfaltsbewusster Betrieb“ entwickelt. Daran waren neben oben genannten Institutionen als weitere Projektpartner das Bundesnetzwerk bürgerschaftliches Engagement (bbe), das ifaa – Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V., das itb – Institut für Technik der Betriebsführung im DHI e. V., das RKW Kompetenzzentrum e. V. sowie das ver.di Bildungswerk Hessen e. V. beteiligt.
Der Check wurde in Workshops und Expert*innen-Interviews mit Vertreter*innen des Diversity-Netzwerks der Kommunal- und Landesverwaltungen, Verwaltungsbeschäftigten aus Bund und Ländern sowie Diversity- und Verwaltungsexpert*innen der idm e. V. diskutiert und angepasst.
Die Entwicklung des Checks wurde vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gefördert und von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) fachlich begleitet.
Wie kann mit dem Check gearbeitet werden?
Der Check umfasst fünf Themen-Bausteine. Er kann wie ein Werkzeugkasten genutzt werden. Sie können sich einzelne Themen auswählen oder Sie können alle Themen des Checks von vorne nach hinten bzw. in einer frei gewählten Reihenfolge durchgehen (dauert ca. 30 bis 60 Minuten). Danach wissen Sie, wie Sie in den einzelnen Themenbereichen dastehen und wo Sie Verbesserungsmöglichkeiten in Ihrem Unternehmen haben. Die weitere Bearbeitungsdauer (zum Beispiel bei „Meine Maßnahmen“) hängt ab von der Anzahl der Checkpunkte, bei denen Sie Handlungsbedarf sehen.
Mit der Starthilfe „Mit welchem Thema des Checks beginnen?“ können Sie schnell ermitteln, zu welchen der neun Themen Sie besonderen Handlungsbedarf haben.
Die INQA-Checks zur Selbstbewertung für Verwaltungen
Der INQA-Check „Vielfaltskompetente Verwaltung“ ist die Verwaltungsversion des INQA-Checks „Vielfaltsbewusster Betrieb“ der Offensive Mittelstand und ein Selbstbewertungsinstrument, mit dem Verwaltungen ihre Potenziale zum Thema Vielfalt (Diversity) erschließen können. Es gibt zu allen Themen des Managements Praxis-Checks der Offensive Mittelstand. Für Verwaltungen gibt es vier INQA-Checks, die im Wesentlichen auf den Fassungen der Offensive Mittelstand für die gewerbliche Wirtschaft basieren:
Der INQA-Check „Vielfaltskompetente Verwaltung“ wurde von der „Offensive Mittelstand – Gut für Deutschland“, einem eigenständigen Netzwerk unter dem Dach der „Initiative Neue Qualität der Arbeit“ (INQA), entwickelt und herausgegeben. Für alle bereits bestehenden INQA-Themensäulenchecks wurden dabei im Dialog mit Verwaltungsvertreter*innen und Verwaltungsexpert*innen entsprechende Verwaltungsversionen der Checks verfasst.
Der Check hilft Ihnen, zu überprüfen, ob und wie Sie die unterschiedlichen Kompetenzen, Qualifikationen und Erfahrungen Ihrer Beschäftigten in internen Prozessen einbeziehen und jeweilige Lebens- und Arbeitssituationen der Beschäftigten sowie unterschiedliche Bedarfe und Lebenslagen von Bürger*innen im Handeln nach innen und außen berücksichtigen. Als Bestandteil der Gesamtstrategie, der Personalarbeit, der Arbeitsorganisation, der Dienstleistungen/Angebote/Kooperationen sowie der Führung und Verwaltungskultur kann Vielfalt so ein Thema werden, das in Alltagsentscheidungen und -handlungen von allen Beteiligten berücksichtigt sowie in zentralen Prozessen und Strukturen der Verwaltung verankert wird.
Die Initiative Neue Qualität der Arbeit verfolgt als gemeinsame Initiative von Bund, Ländern, Verbänden und Institutionen der Wirtschaft, Gewerkschaften, Kammern, Unternehmen, Sozialversicherungsträgern und Stiftungen das Ziel, mehr Arbeitsqualität als Schlüssel für Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland zu verwirklichen. Dazu bietet die im Jahr 2002 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales ins Leben gerufene Initiative umfassende Beratungs- und Informationsangebote, umfangreiche Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch, inspirierende Beispiele aus der Praxis sowie ein Förderprogramm für Projekte, die neue personal- und beschäftigungspolitische Ansätze auf den Weg bringen.
Die Offensive Mittelstand – Gut für Deutschland fördert eine erfolgreiche, mitarbeiterorientierte Unternehmensführung durch die Entwicklung zeitgemäßer Praxisvereinbarungen sowie Selbstchecks und bietet vielfältige regionale Unterstützungsstrukturen speziell für den Mittelstand. Derzeit arbeiten rund 350 Partner in der „Offensive Mittelstand – Gut für Deutschland“, unter anderem Bund und Länder, Unternehmerverbände, Fachverbände, Innungen, Handwerkskammern, Gewerkschaften, Berufsgenossenschaften, Krankenkassen, Forschungsinstitute und Dienstleister.
1 Dem Begriff „inklusiv“ liegt ein weitgefasstes Verständnis von Inklusion zugrunde. Er bezieht sich auf alle Vielfaltsdimensionen und betont insb., dass sich Strukturen und Prozesse einer Verwaltung so ändern müssen, dass jede/r einzelne Beschäftigte/Bürger*in in ihrer/seiner individuellen Vielfalt gleichberechtigt teilhaben kann.
2 Kostenloser Download der Handreichung unter: https://www.charta-der-vielfalt.de/diversity-verstehen/mediathek/publikationen/
3 nach Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) §1
(*) Genderverweis Zur Herstellung von Chancengleichheit ist eine geschlechtergerechte Sprache unerlässlich. Im INQA-Check „Vielfaltskompetente Verwaltung“ wird deshalb das Gender-Sternchen (*) verwendet. Dieses Mittel der sprachlichen Darstellung berücksichtigt alle sozialen Geschlechter und Geschlechtsidentitäten.